Monument Valley
Das Monument Valley darf in keiner Canyon-Tour fehlen. Auch wenn man sich etwas dumm anstellt und erst beim vierten Anlauf ankommt. Dazu später mehr. Den Marlboro-Mann haben wir nicht getroffen, aber zwei Schweizer — auch dazu später mehr.
Foto-technisch waren wir nicht unbedingt zur besten Tageszeit da: mittags. Aufgrund der etwas suboptimalen Planung (s.u.) war das aber kaum zu vermeiden. Mittags leuchten die Monumente nicht so richtig. Es gibt Schlagschatten in den Gesichtern, aber dennoch wenig Struktur auf den Felsen, da die Sonne senkrecht steht. Ich habe immer auf ein Gewitter oder einen Schneesturm gehofft, aber nichts da. Schneesturm, im Monument Valley? Aber ja…
Bei meinem ersten Anlauf, 1996, auf einer 3500-Meilen Tour mit Wohnmobil, hat es mich bei Many Farms überrascht. Many Farms ist streng genommen eben nicht im Monument Valley, auch, wenn die Gegend dort sehr ähnlich aussieht. Damals war ich auf der Fahrt von Moab (Arches Natural Park) nach Canyon de Chelly und später Meteor Crater unterwegs, und hab die Gegend zwischen Mexican Water und Many Farms für das Monument Valley gehalten. Nun ja, ich war jung und unerfahren und 1996 war Google Maps noch Science Fiction. Jedenfalls kam, allerdings im November, bei Many Farms ein Schneesturm vom Himmel, der schon ziemlich durch Mark und Bein ging und das Wohnmobil ordentlich durchschüttelte. Nach zehn Minuten mit Blitz und Donner war der Spuk vorbei. Auf der Strasse flossen handtiefe Bäche von Schmelzwasser, und am Horizont zeigte sich ein Regenbogen – anscheinend kam der Schnee andernorts als Regen herunter. So oder so: das Monument Valley habe ich damals unwissentlich um ein paar Kilometer verpasst.
Das war der erste Anlauf.
Dieses mal stand das Monument Valley eigentlich unmittelbar nach Page mit Antelope Canyon und Horseshoe Bend auf dem Programm. Allerdings waren wir vorher, zwischen Bryce Canyon und Page, mit einem Freund aus Minneapolis unterwegs, und wollten unmittelbar nach Page einen anderen Freund in Winslow, AZ, treffen. Die beiden Daten liessen sich nicht verschieben. Also auf nach Winslow und nicht ins Monument Valley!
Das war der zweite Anlauf.
Nach dem Treffen mit dem Freund im tollen La Posada Hotel sind wir also mit Zwischenstop im Meteor Crater, Petrified Forest, Painted Desert durch Many Farms und Mexican Hat gefahren. Dort war ja das Monument Valley… so wie ich dachte. Langsam drohte uns die Dunkelheit einen Strich durch die Rechnung zu machen, und wir hatten einen KAO Campground in Cortez (Colorado) reserviert, da es von hier nach Santa Fe weitergehen sollte. Hier haben wir dann bemerkt, dass wir eigentlich statt nach Osten Richtung Mexican Hat (nicht zu verwechseln mit Mexican Water) und Kayenta hätten fahren müssen, um das Monument Valley zu sehen. Oder gleich von Westen her, zum Beispiel von Winslow über Kayenta…
Dieses war der dritte Anlauf.
Wir haben dann in Cortez beschlossen, am nächsten Tag zurück zu fahren, bis Mexican Hat und danach fast bis Kayenta. Monument Valley, endlich, im vierten Anlauf! Und endlich kam Ruth zu ihrem lang ersehnten und schon ein halbes Jahr vor Reiseantritt geplanten Triathlon-Radtraining vor imposanter Kulisse.
Während des Fotoshootings hielt 50 m weiter ein Paar auf mit Reisetaschen bepackten stabilen Velos an, und begann, irgendwas an ihren Velos zu schrauben. Ich hatte schon vorher, als sie an uns vorbei fuhren, den spontanen Eindruck, das müssen Deutsche oder Schweizer sein. Ausrüstung, Gesichter, aber auch die Tatsache an sich, mit perfekt ausgestatteten Rädern offensichtlich längere Strecken durch die Canyons zu absolvieren: meine Vorurteile passten einfach nicht zu der Vorstellung, es seien Amerikaner, oder Franzosen, Mexikaner, Italiener… und wie Briten sahen sie einfach nicht aus. Die beiden diskutierten miteinander. Zu weit, um verstehen zu können, aber nah genug, um die Sprachmelodie mit — tja — Bärndütsch zu identifizieren. Und tatsächlich: Martin und Annegret aus Münchenbuchsee, also gerade mal 20 km entfernt von uns, auf einer Coast-to-Coast Tour. Schon vor einiger Zeit in einem anderen Urlaub angefangen, und jetzt sollte eine Etappe dazu kommen. Handgefertigte Stahlrahmen, unauffällig in graphit-farbener Hammerschlag-Lackierung, mit Tourlenker, Gepäckaufnahmen überall, Navi, Tourbook, Point-and-Shoot Camera fest montiert… Wir haben dann eine Weile mit den beiden geschwatzt und Hilfe angeboten, aber sie mussten lediglich das Vorderrad drehen, weil es verkehrt eingesetzt war: der Magnet, der den Tacho mit Signalen bedienen sollte, sass auf der falschen Seite.
Die Welt ist klein! Klein genug, Quasi-Nachbarn am A… der Welt zu treffen. Aber dennoch gross genug, um vier Anläufe zum Finden einer Gegend zu benötigen, die nicht gerade ein Geheimtipp ist.