Immer der Nase nach? Wie Kühe sich beim Grasen ausrichten

Symboldbild; (c) Karsten Seiferlin
Symboldbild; (c) Karsten Seiferlin

Immer der Nase nach? Wie Kühe sich beim Grasen ausrichten

Dass Kühe im Gebirge immer mit dem Hang zur gleichen Seite stehen, sich demnach nur mit Partnern der gleichen Vorzugsrichtung paaren (können) und sich auf lange Zeiten so zwei getrennte Populationen entwickeln, die jeweils einseitig kürzere Beine haben, um sicher und bequemer zu stehen, ist vermutlich Unsinn, andererseits wohl noch nicht systematisch untersucht worden.

Soundtrack: Hugh Masekela-Grazing In The Grass

Was aber tatsächlich untersucht wurde, ist, wie sich Kühe im flachen Gelände beim Grasen ausrichten. Und sie tun das nicht etwa zufällig, oder am Sonnenstand oder der Windrichtung orientiert, sondern stehen mehrheitlich in Nord-Süd-Ausrichtung. Und zwar auf allen Kontinenten. Sabine Regall und Ko-Autoren haben 8500 Rinder auf mehr als 300 Weiden auf Google Earth Bildern ausgemessen.

Überraschenderweise fanden sie heraus, dass sich die Orientierung statistisch relevant um die magnetische N/S Achse häuft. Die Korrelation mit der geographischen N/S Richtung, die je nach Region mehr oder weniger von der magnetischen N/S Richtung abweicht, fällt weniger gut aus. Bei Rehen und Hirschen ist die Ausrichtung noch deutlicher ausgeprägt; vor Allem Rotwild scheint fast sklavisch dem Magnetfeld zu folgen – egal ob fressend, stehend oder liegend.

Eine Erklärung ist bisher nicht in Sicht — allerdings bleibt Verwunderung zurück, dass dieses Verhalten, das ja unseren jagenden Vorfahren bei einer erfolgreichen Taktik hätte helfen können, bisher anscheinend unbemerkt geblieben ist.

Vielleicht sollte man doch mal nachschauen, um im Gebirge – dort, wo Rinder und Ziegen ihre steilen Weiden terrassieren – nicht doch rechts- und linksfressende Populationen existieren.

(A) Rinder (B) Rehe (C) Rotwild. Jedes diametral gegenüber dargestellte Punktepaar steht für die mittlere Ausrichtung einer untersuchten Weide. Norden ist oben. Die schwarzen Doppelpfeile sind die pro Tierart über alle Lokalitäten bzw. Punktepaare gemittelten Ausrichtungen. Die Länge der Pfeile wächst mit der Korrelation der Einzeldaten zum Trend.  Ausserhalb der Kreise markieren Dreiecke die mittleren Vektoren, und zwar im Diagramm A (Rinder) für sechs Kontinente: Gepunktet: Nordamerika; grau: Asien; kariert: Europa; gestreift: Australien; schwarz: Afrika und weiss: Südamerika. Im Diagramm B /Rehe) und C (Rotwild) sind stehende nicht grasende Tiere als schwarzes Dreieck; grasende Tiere als weisses Dreieck und liegende Tiere als gepunktetes Dreieck markiert.

 


Quelle: Sabine Begall, Jaroslav Červenÿ, Julia Neef, Oldrîch Vojtêch, Hynek Burda:  Magnetic alignment in grazing and resting cattle and deer