…oder wie man in der Ukraine wohl sagt: „Wir sind zu arm, um billige Dinge zu kaufen“.
Um was geht es? Es geht um Kaffee- und Espressomühlen. Handmühlen, wohlgemerkt.
Seit wir von unserem de Longhi Vollautomat umgestiegen sind auf eine kleine Kapselmaschine von Beanarella, die sich mit den System-eigenen Kapseln, mit Senseo Pads und auch mit selbstbefüllten kompostierbaren Kapseln betreiben lässt, trinke ich mich durch die Welt der Kaffeesorten. Etwa 3 Duzend Senseo Sorten habe ich mittlerweile probiert, und jetzt zunehmend auch frische Bohnen, die natürlich vor dem Einfüllen in die Pads erst mal gemahlen werden wollen.
Das Internet ist reich an Ratschlägen für geeignete Handmühlen. Rezensionen auf Amazon, bei dedizierten Kaffeehändlern und auf Youtube führte zu der Wahl zwischen einer soliden, recht guten japanischen Handmühle, der Hario Skerton, und der in Deutschland hergstellten Kultmühle Comandante MK 3. Erste gab es in Bern zu kaufen (in der „Rösterei“, Blaser Kaffee, zwischen Güterbahnhof und Krematorium gelegen — aber trotzdem sehr nett dort!), für etwas über 50 CHF. Die Comandante war vielerorts ausverkauft und mit 250 bis 275 CHF arg teuer für eine Handmühle. Also wurde es die Hario. Zunächst.
Schon bald zeigte sich, dass es schwierig war, den richtigen Mahlgrad einzustellen. Die Einstellung selbst verlangt, dass man die Mühle auseinander nimmt und eine mit 6 Nuten versehene Distanzscheibe auf der zentralen Achse nach oben oder unten schraubt und dann mit einer zweiten mit Nasen für die Nuten versehenen Distanzscheibe arretiert. Die Einstellung kann demnach nur in 6 Schritten pro Schraubenwindung erfolgen – es sei denn, man hat einen 3D-Drucker im Haus und kann sich Distanzschreiben oder „shims“ drucken lassen. Auch dann war das Mahlergebnis entweder etwas zu grob (oder enthielt grobe Bestandteile) und lieferte einen unter-extrahierten folglich dünnen Lungo. Oder das Mahlgut ist zu fein, und die Pumpe der Beanarella scheitert.
Ich habe die Mühle fast für den Neupreis an einen Interessenten verkaufen können, der hoffentlich mehr Spass daran hat.
Also doch eine Comandante. Gekauft in Bern bei Adriano’s, für 275 CHF, und dann noch drei Vorratsgläser mit Deckel dazu, damit man ein paar Tassen auf Vorat mahlen und jeweils drei Sorten zur Auswahl halten kann.
Comandante
Das Teil ist überraschend schwer, liegt sehr solide in der Hand. Der Mahlgrad wird durch eine jederzeit zugängliche dreiflügelige Rändelschraube unten eingestellt. Die Schraube läuft durch solide einrastene Klicks von 0 (geschlossen) bis ca. 30 Klicks (sehr grob). Versuche ergaben, dass eine French Press Stempelkanne sehr gut mit 23 Klicks zu bedienen ist, und die Beanarella mit 9 bis 10 Klicks optimale Ergebnisse liefert. Das Mahlen selbst geht spürbar leichter als mit der an sich guten Hario. Eine komplette Füllung der Mühle ergibt ein ebenfalls gefülltes Vorratsglas, und diese Menge reicht für 0.5 bis 0.6 Liter in der French Press Kanne. Dabei bin ich mit dem Mahlen schneller als ein elektrischer Wasserkocher mit dem Aufkochen der passenden Menge Wasser. Für feinere Mahlgrade geht es etwas schwerer, aber immer noch leicht, und es dauert etwas länger, aber für 2 bis 3 Kapseln braucht’s nicht länger als vielleicht 3 Minuten.
Das Mahlgut ist sichtbar beeindruckend gleichmässig, und die Beanarella drückt immer einen perfekten Lungo aus der Kapsel. Keine Pumpen-Blockade und keine Unterextraktion mehr.
Und die Freude beim Mahlen per Hand und generell die Freude an frischen ganzen Bohnen ist wieder da.
You get what you pay for. Und die Comandante ist zu recht kult.