Weitwinkel und Tele mit der Fuji X100F (WCL, TCL, digitaler Zoom)

Die Fujifilm Finepix X100F (Affiliate link) – im Folgenden kurz X100F genannt – ist Fujifilms vierte (F=four) Iteration der mittlerweile legendären X100. Das World Wide Web und Youtube sind voll von emotionalen Liebeserklärungen für die X100. Es ist eine Camera, die man sofort in die Hand nehmen möchte. Sie sieht toll aus, dabei „harmlos“, sodass sie unauffällig und weniger bedrohlich daher kommt als die typische DLSR. Die Bedienung, die ganz klassisch auf Blendenring, Belichtungszeit-Rad, eines zusätzlichen Rads für Belichtungskompensation und vielen frei programmierbaren Tasten beruht, spricht vor allem Fotografen an, die nicht erst mit den computerisierten Digitalcameras und ihren PASM-Moduswahlrädern und mehrfach belegten Kontrollrädchen fotografieren gelernt haben.

Aber sie ist keine eierlegende Wollmilchsau wie ein DSLR-System mit Wechselobjektiven und Zooms, sondern vielmehr ein One-Trick-Pony, quasi ein Porsche 911 statt eines familientauglichen Minivans. Grund dafür ist vor allem das fest montierte Objektiv, dass eine feste Brennweite von 23mm aufweist. Da die X100F einen APS-C Sensor verwendet, hat sie im Vergleich zum Vollformat einen Crop-Faktor von 1.5. Das bedeutet, das 23mm Objektiv hat den gleichen Bildwinkel wie ein 35mm Objektiv an einer klassichen Kleinbildcamera. Vor dem Aufkommen von Spiegelreflex-Cameras, bei denen 50mm Objektive als „Normalobjektiv“ betrachtet werden, galten 35mm als „normal“. Somit ist man mit den 23mm sehr gut bedient, vor Allem für Street Photography, Reisefotografie und Portraits, die Menschen in ihrer Umgebung (zum Beispiel bei der Arbeit) zeigen.

Fujifilm Finepix X100F
Fujifilm Finepix X100F

Aber damit muss man sich nicht zufrieden stellen. Fuji bietet zwei Konverter an, die jeweils vorn an das Objektiv geschraubt werden: der WCL X100 (Affiliate link) ist ein Weitwinkel-Konverter und liefert eine Brennweite von 18mm (entsprechend einem Gesichtsfeld von 28mm in der Vollformat-Welt). Der TCL X100 (Affiliate link) Konverter verlängert die Brennweite um einen Faktor von etwa 1.5 und macht aus der X100 eine Camera mit 35 mm Brennweite – entsprechend dem Gesichtsfeld eines 50mm Objektivs an einer Vollformatcamera. Beide Konverter sind ausgesprochen hochwertig verarbeitet, und sind speziell für die X100 gerechnet. Kein Vergleich zu den billigen Vorsatzlinsen, die man auf eBay finden kann. Darüber hinaus werden die verbleibenden kleinen optischen Abbildungsfehler, vor Allem leichte Verzerrungen, durch den Bildprozessor korrigiert. Dazu muss die X100F allerdings wissen, ob und wenn, welcher Konverter montiert ist. Bei den älteren Versionen der X100 (X100S, X100T) und der jeweils ersten Version der Konverter musste im Menu eingestellt werden, welche Konfiguration benutzt wird. Die X100F und die neuen Versionen der Konverter haben einen sehr schlauen eleganten Trick im Ärmel: ein kleiner Magnet im Konverter und ein entsprechender Sensor am Objektiv der X100F stellen automatisch ein, welcher Konverter montiert ist. Super! Solch elegante genial einfache Lösungen kannte man bisher vor Allem von Apple.

TCL-X100
TCL-X100
WCL-X100
WCL-X100

Mit den beiden Konvertern stehen einem also drei Brennweiten zur Verfügung (Werte in Klammern geben das entsprechende Gesichtsfeld im Vollformat an) : 18mm (28mm), 23mm (35mm) und 35mm (50mm). Damit ist aber noch nicht Schluss: die X100F beherrscht nun auch eine Art Digitalzoom, und zwar in zwei Stufen. Die enstehenden Bilddateien haben wie auch die nicht skalierten Bilder 24 Megapixel, was darauf hindeutet, dass nicht nur ein Crop vorgenommen wird (also ein Ausschnitt gespeichert wird), sondern der gewählte Sensorbereich unmittelbar auf 24 Megapixel skaliert wird. Das macht die Leica Q, die ebenfalls einen Digitalzoom bietet, übrigens anders: dort wird das Originalbild einfach beschnitten.

X100F mit TCL X-100
X100F mit TCL X-100

Bei dem Begriff „Digitalzoom“ rümpfen Profis und mehr noch selbsternannte Experten in aller Regel die Nase, und meistens auch zu recht, denn die Ergebnisse lassen oft zu wünschen übrig. Aber gemach: wichtig ist, was hinten rauskommt, sagte schon Helmut Kohl. Und bei 24 Megapixeln hat man in der Regel reichlich Reserve, um geringe Qualitätseinbussen zu akzeptieren. Ausserdem dürfen wir nicht vergessen, dass in jedem Fall interpoliert wird. Auch, wer RAW schiesst, erwartet und bekommt ein Bild, das für jedes Pixel eine möglichst realistische Farbe zeigt. Das ist aber nicht das, was der Sensor liefert: der Sensor trägt einen Farbfilter über jedem Pixel. Bei den meisten Cameras wird das sogenannte Bayer-Muster verwendet, bei dem je 2 x 2 Sensoren mit einem roten, einem blauen und zwei grünen Pixeln belegt sind. Fuji geht einen etwas anderen Weg und belegt ein 6 x 6 Pixel grossen Bereich mit scheinbar zufälligen Positionen für die roten und blauen Filter, und füllt den Rest mit grün auf („X-Trans Sensor“). Bei der Bildverarbeitung muss nun jedem Pixel aus den in der Nachbarschaft vorliegenden roten, grünen und blauen Pixeln eine Farbe zugeordnet werden, und dazu wird interpoliert. Beim Digitalzoom wird nun lediglich etwas grosszügiger interpoliert, aber es wird immer noch jedem der 24 Megapixel eine Farbe aus den in der Nähe physikalisch vorhandenen roten, grünen und blauen Pixeln zugeordnet. Es ist zu erwarten, dass dabei die Auflösung und damit die Schärfe etwas leidet.

Mögliche Kombinationen und erreichbare Brennweiten

Aber schauen wir uns das doch im Test an. Habe ich Test gesagt? Ich habe sicher keinen umfassenden und wissenschaftlich ausgewerteten Test durchgeführt, sondern einfach das gleiche Motiv mit verschiedenen Kombinationen fotografiert. Ich halte das für meinen. Zweck für ausreichend, um zu beurteilen, ob es zu wesentlichen Einbussen bei der Bildqualität kommt oder nicht. Die folgende Tabelle listet die untersuchten Fälle auf.

Habilitation (2009)Ausdauer, Fundierte Kenntnisse in Physik und Weltraumforschung
PublikationenMehr als 50 Veröffentlichungen in internationalen Fachzeitschriften; zahlreiche Vorträge an Konferenzen
Lehre (Universität)Mehr als 20 Jahre Erfahrungen in der Lehre; in den letzten 10 Jahren jährlich etwa 200 Studierende
Weltraum-Projekt BELA: Laser Altimeter für die ESA Mission BepiColombo, 2005 bis 2017nternationales 70 M€ Projekt. Hauptverantwortlicher Project Manager und Mitglied des Science Teams, von der Antragstellung bis zur Abgabe des Flugmodells an die ESA unter Einhaltung der Anforderungen, des Budgets und des Zeitplans
Weltraumprojekt MUPUS: Thermalsonde für den Rosetta- Lander Philae; 1995 bis 2015Hauptverantwortlicher Project Manager und Mitglied des Science Teams, von der Antragstellung über die Abgabe des Flugmodells bis zur Landung von Philae auf dem Kometen
Guest Reviewer für NASA und ASIAuf Einladung der NASA (JPL) und der Italienischen Weltraumagentur ASI habe ich als externer Fachgutachter bei der Bewertung komplexer Weltrauminstrumente teilgenommen.

Man beachte, dass 50mm auf zwei Arten erreicht werden kann: Mit 1-fach Digitalzoom, aber ohne Konverter, oder mit TCL, aber ohne Digitalzoom. Analog kann man 70 mm erreichen mit doppeltem Digitalzoom und ohne TCL, oder mit TCL und der ersten Digitalzoom-Stufe.

Im Sucher sieht man oben links je nach Konfiguration die folgenden Symbole: angeschlossener Konverter, „Brennweite“ in Vollformat-Äquivalenz.

X100F mit WCL
X100F mit WCL

 

X100F ohne Konverter, ohne Digitalzoom
X100F ohne Konverter, ohne Digitalzoom

 

X100F ohne Konverter, 1. Stufe Digitalzoom
X100F ohne Konverter, 1. Stufe Digitalzoom

 

X100F ohne Konverter, 2. Stufe Digitalzoom
X100F ohne Konverter, 2. Stufe Digitalzoom

 

X100F mit TCL, ohne Digitalzoom
X100F mit TCL, ohne Digitalzoom

 

X100F mit TCL, 1. Stufe Digitalzoom
X100F mit TCL, 1. Stufe Digitalzoom

 

X100F mit TCL, 2. Stufe Digitalzoom
X100F mit TCL, 2. Stufe Digitalzoom

Testfotos

Alle Fotos können angeklickt werden, um sie in voller Auflösung gründlich zu studieren.

X100F mit WCL
X100F mit WCL

 

X100F ohne Konverter und ohne Digitalzoom
X100F ohne Konverter und ohne Digitalzoom

 

X100F ohne Konverter, 1. Stufe Digitalzoom
X100F ohne Konverter, 1. Stufe Digitalzoom

 

X100F ohne Konverter, 1. Stufe Digitalzoom
X100F ohne Konverter, 2. Stufe Digitalzoom

 

X100F mit TCL, ohne Digitalzoom
X100F mit TCL, ohne Digitalzoom

 

X100F mit TCL, 1. Stufe Digitalzoom
X100F mit TCL, 1. Stufe Digitalzoom

 

X100F mit TCL, 2. Stufe Digitalzoom
X100F mit TCL, 2. Stufe Digitalzoom

 

Und zum Vergleich: Fujinon 23 mm f/1,4

Nur zum Vergleich stelle ich hier ein mit dem superben 23 mm f/1.4 Objektiv (Affiliate link) aufgenommenes Foto ein. Allerdings gilt es zu beachten, dass die X-T1 nur 16 statt 24 Megapixel hat. Somit sind direkte Schärfe- und Auflösungsvergleiche problematisch.

 

Fujifilm X-T1 with Fujinon 23mm f/1,4
Fujifilm X-T1 with Fujinon 23mm f/1,4

Zusammenfassung

Jeder muss sicher selbst entscheiden, ob die Konverter und vor allem ob die beiden Digitalzoom-Features eine akzeptable Qualität liefern. Für meine Ansprüche ist es mehr als gut genug. Die X100F wird mit den beiden kleinen Konvertern zu einem recht vielseitig einsetzbarem System mit „Wechselobjektiven“. Besonders beeindruckt hat mich der TCL Telekonverter, der dank riesiger Frontlinse die grosse Blende von f/2.0 beibehält und dabei 100 mm (Vollformatäquivalent) erreicht und ein erstaunliches Bokeh zaubert:

X100F mit TCL und Digitalzoom, offene Blende
X100F mit TCL und Digitalzoom, offene Blende
X100F mit TCL und Digitalzoom, offene Blende
X100F mit TCL und Digitalzoom, offene Blende

Allerdings bildet gerade der TCL im Nahbereich sehr weich ab. Man kennt das ja schon seit der Ur-X100 vom eingebauten Objektiv, das im Nahbereich ebenfalls recht weich ist, aber mit dem TCL ist die Weichheit schon grenzwertig. Ein weiterer kleinen Nachteil beider Konverter ist, dass sie „dank“ des nur wenige Windungen tiefen Filtergewindes, auf das sie geschraubt werden, nicht so ganz einfach zu montieren sind, da sie zum Verkippen neigen. Ich muss regelmässig ein paar mal ansetzen, bis ich die richtige Position gefunden habe.

X100F, WCL und TCL kaufen

Hier sind affiliate links zu den besprochenen Produkten. Wenn Sie diesen links folgen und bei Amazon etwas kaufen, ohne vorher andere Seiten zu besuchen, bekomme ich eine kleine Provision von Amazon. Für Sie bleibt der Preis gleich!

Fujifilm X100F, silber

Fujifilm X100F, schwarz

WCL-X100

TCL-X100

Fujinon XF 23 f/1.4

Hybridantrieb: Mythen und Fakten

Betriebszustände eines Hybridantriebs (c) Ruth Ziethe

Nicht nur an Stammtischen, sondern erstaunlicherweise auch in den gängigen Autozeitschriften und Magazinen, werden uralte Vorurteile und Mythen über den Hybridantrieb verbreitet. Toyota hat vor mittlerweile zwei Jahrzehnten den ersten Prius auf den Markt gebracht und verkauft mittlerweile die vierte Generation – da sollten doch wenigstens die Fachjournalisten verstanden haben, warum und wie der Hybridantrieb eigentlich Benzin sparen kann. Aber der Reihe nach…

TL;DNR: Hybridautos sparen Benzin, wenn man dem System die Freiheit lässt, den Verbrenner möglichst oft im effizientesten Last- und Drehzahlbereich zu betreiben. Das geht vor allem auf hügeligen Landstrassen, aber auch im Stadtverkehr. Rekuperieren trägt unwesentlich zum Spareffekt bei und ist sogar die schlechtere Alternative zu vorausschauendem Fahren. Hybridautos sind einfacher aufgebaut als Diesel, zuverlässiger, und sparsamer. Und sauberer noch dazu.

Mythos: elektrisch Fahren spart Benzin

Als erstes ist es wichtig, sich zu erinnern, dass bei einem normalen Hybrid im Gegensatz zum Plugin Hybrid alle Energie, die zur Fortbewegung genutzt wird, durch den Verbrenner und unter Einsatz von Benzin oder Diesel erzeugt werden muss. Wenn ich nun mein Hybridauto durch Knopfdruck zwinge, elektrisch zu fahren, verbrauche ich indirekt das Benzin, das beim Füllen der Batterie verbrannt wurde. Und ich erzwinge, sobald die Batterie leer oder fast leer gefahren wurde, dass der Verbrenner anspringt und nachlädt, selbst, wenn man ihn ansonsten gar nicht bräuchte, weil man steht oder gemächlich mitrollt. Durch den manuellen Eingriff zwinge ich dem System einen Rhythmus auf, der meistens nicht effizient ist.
Natürlich kann es sinnvoll sein, händisch den elektrischen Modus zu erzwingen – zum Beispiel bei der Schleichfahrt auf den letzten Metern durch’s Wohnquartier in die Garage. Aber sinnvoll heisst nicht gleich sparsam oder effizient.

Mythos: Der Spareffekt kommt aus der Rekuperation von kinetischer Energie. Je mehr ich rekuperiere, desto mehr Energie spare ich.

Die durch Rekuperation gewonnene Batterieladung macht je nach Fahrweise und Streckenprofil nur etwa 15 bis 25% des Spareffekts aus. Woher der Rest stammt, sehen wir uns später an. Ausserdem bedeutet Rekuperation (durch leichtes Bremsen), dass ich eigentlich schneller unterwegs bin, als ich müsste. Das bedeutet, dass ich vorher zu lang oder zu kräftig auf’s Gas gedrückt und somit Energie aufgewendet habe. Weil kein Motor und kein Generator mit 100% Effizienz betrieben werden kann, habe ich somit also zuerst beim Gas geben und dann beim Rekuperieren einen Teil der Energie in Wärme umgewandelt. Natürlich ist das immer noch besser als konventionell mechanisch zu Bremsen, aber noch besser wäre es, durch vorausschauende Fahrweise und rechtzeitiges Rollen unnötigen Einsatz von Energie und leztendich auch das Rekuperieren zu vermeiden.
Ausnahme: ich finde mich auf einem Berg wieder und kann mich freuen, bergab durch Rekuperation die Batterie wieder zu füllen. Andererseits: wie kommt man auf den Berg, wenn nicht unter Einsatz von Energie?

Mythos: Hybrid spart nur in der Stadt – weil man da viel und oft bremst

Wie gerade besprochen spart Bremsen aka Rekuperieren durchaus nicht Energie. Hybridautos sparen überall dort, wo das Streckenprofil wechselnde Lasten vorgibt. Zum Beispiel auf hügeligen und kurvigen Landstrassen.

Mythos: Hybridautos heulen zuerst auf, und erst dann geht es langsam vorwärts

Hier fallen Gelegenheits-Hybridfahrer einfach nur auf ihre Gewohnheit herein. Bei einem „normalen“ Auto, insbesondere bei einem mit handgeschalteten 5 Gängen, ist eine im Rhythmus der Gangwechsel ansteigende Drehzahl normal und prinzipbedingt. Wenn man das gewohnt ist, erwartet man dieses Auf- und Ab und assoziiert damit Rasanz. Bruuuum – bruuuuum – bruuuum… Besonders schnell ist das aber nicht, da der Motor ja „fast immer“ bei einer Drehzahl läuft, die eben nicht ideal ist – weder in Bezug auf Effizienz noch in Bezug auf maximaler Durchzug.
Weil die Autohersteller das wissen, bauen sie neuerdings Automatik-Getriebe mit 8 oder 9 Stufen ein. Ideal wären noch mehr Stufen, oder besser ein stufenloses Getriebe. In diesem Fall kann das System immer bei der für die jeweilige Sitution optimalen Drehzahl betrieben werden. Zum Beispiel beim Beschleunigen bei eher hoher Drehzahl.
Genau das machen die Hybridfahrzeuge, die mit einem stufenlosen Getriebe ausgestattet sind. Sie fahren beim Abruf von viel Leistung die Drehzahl spontan hoch (und „heulen“, ja). Dabei geht es instantan flott voran, weil der Motor im optimalen Bereich läuft und der zugeschaltete Elektromotor von jetzt auf gleich reichlich Drehmoment zugibt. Man denke auch an ein beschleunigendes Motorboot oder Flugzeug: die Drehzahl geht spontan hoch und bleibt so, bis die Beschleunigungsphase abgeschlossen ist. Und Hybrid-Neulinge fallen auf ihre Hörgewohnheiten herein und empfinden die Beschleunigung als träge, weil die Gangwechsel und Drehzahländerungen ausbleiben.
Nach ein paar Wochen Gewöhnung empfindet ein Hybridfahrer dieses Auf-und Ab und die Gangwechsel schnell als vorsintflutlich und lästig.

Diesel sind genauso sparsam wie Hybride

Das täuscht gewaltig. Die Täuschung kommt zustande, weil Liter Benzin mit Liter Diesel verglichen werden. Diesel enthält aber etwa 20% mehr Energie (Brennwert) pro Liter. D.h. Wenn man die Effizienz des Antriebs anschaut, muss man schon kWh vergleichen, und da sieht der Diesel dann nur sehr wenig besser als ein Benziner aus, aber deutlich schlechter als ein Hybrid.
Der finanzielle Spareffekt hängt ausserdem von den jeweiligen Spritpreisen und damit von der Steuerpolitik ab. Das mag für den Verbraucher interessant und wichtig sein, aber beim Systemvergleich Auto 2.0 gegen Auto 1.0 zählt Effizienz und nicht die Kosten.

Man sollte ein Hybridsystem besser mit einem Diesel statt einem Benziner kombinieren

Siehe oben. Diesel sind in konventionellen Autos kaum sparsamer als Benziner. Bei einem Hybrid kommt aber noch etwas dazu. Dieselmotoren haben folgende Vorteile gegenüber einem Benziner:

  • Mehr Drehmoment, vor allem aus dem Drehzahlkeller. Genau das bieten Elektromotoren aber im Überfluss. Ein Hybrid geht aus dem Stand deutlich besser als ein nackter Benziner.
  • (und hier ist schon das Ende der Liste)

Jetzt zu den Diesel-typischen Nachteilen:

  • Diesel sind schwer, das erhöht den Verbrauch
  • Diesel sind kompliziert: teure Einspritzpumpe, Turbolader, Luftmassenmesser, Harnstoffeinspritzung, Harnstofftank („AdBlue“), Russfilter mit all seinen Problemen.
  • Wegen der höheren Verdichtung braucht es einen stärkeren Anlasser, der wiederum eine grössere Batterie benötigt, die wiederum eine stärkere Lichtmaschine braucht, was alles zusammen nochmal reichlich Gewicht mitbringt.
  • Diesel laufen rauh und etwas zäh.
  • Diesel sind vergleichsweise schmutzig (Stickoxide, Russ/Feinstaub…)

Da sind nicht viele Vorteile übrig geblieben.

Hybridautos sind komplex und anfällig

Hier mal eine Liste von Bauteilen, die ein Hybridauto gar nicht hat:

  • Anlasser
  • Normale Batterie
  • Lichtmaschine
  • Turbo, Luftmassenmesser
  • Hochkomplexe und teure Dieseleinspritzpumpe
  • Harnstoffsystem
  • Russfilter
  • Getriebe (jedenfalls kommen die japanischen Hybride ohne ein hochkomplexes, schweres und teures 8- oder 9-Gang-Getriebe aus).

Na, klingelt’s? Sind das nicht gerade die Aggregate, die gern mal ausfallen und Kosten verursachen? Die Hybride am Markt dagegen zeigen seit zwei Jahrzehnten, dass sie sehr zuverlässig und langlebig sind. Siehe Langzeit-Tests, siehe TüV-Statistik…

Zeit für noch mehr Fakten:

Dazu schauen wir uns im Detail das sogenannte Muscheldiagramm oder auch Verbauchskennfeld an (die abgebildete Version stammt von Wikipedia):

 Verbrauchskennfeld (Muscheldiagramm), Autor 112BKS, Creative Commons BY-SA 3.0
Verbrauchskennfeld (Muscheldiagramm), Autor 112BKS, Creative Commons BY-SA 3.0

Die X-Achse ist leicht zu entschlüsseln: es ist die Drehzahl das Verbrenners. Die Y-Achse misst den Druck, quasi die anliegende Last des Verbrenners; ein Mass dafür, wieviel Gas man gibt. Die Isolinien markieren Zustände gleicher Effizienz. Effizienz bedeutet geleistete mechanische Arbeit pro eingesetzte Energie aus der Verbrennung des Treibstoffs. Natürlich verbraucht ein Motor bei kleiner Drehzahl und geringer Last absolut gesehen weniger Benzin als bei hoher Last und hoher Drehzahl. „Absolut“ meint ausgedrückt in l/100 km. Aber setzt man den Verbrauch in Relation zur Leistung, sind diese Zustände sehr ineffizient. Das Muscheldiagramm zeigt ein Maximum, d.h. einen optimal effizienten Betriebszustand, bei ziemlich hoher Last und mittlerer bis hoher Drehzahl. Das gezeigte Beispiel ist von einem 1.5 l Dieselmotor. Bei einem Benziner wäre das Maximum deutlich zu höheren Drehzahlen verschoben.
Ein konventionelles Auto muss die jeweils angeforderte Leistung instantan aus Benzin und mit dem Motor erzeugen. Das erfordert einen auf die maximal gewünschte Leistung ausgelegten vergleichweise grossen und kräftigen Verbrenner. Und weil man nur sehr selten die volle Leistung abrufen kann und meistens bei konstanter und oft niedriger Geschwindigkeit dahin dümpelt, arbeitet dieser eigentlich viel zu grosse Verbrenner meistens im sehr ineffizienten Niedriglastbereich.
Wie wäre es denn, wenn man den Verbrenner immer im Bereich nahe des Effizienzoptimums betreiben könnte? Dann würde er meistens viel zu viel Leistung erzeugen (wohin damit?). Da bietet es sich an, diese nicht benötigte Leistung zu speichern. Und dann, wenn mal mehr Leistung benötigt wird, wieder aus dem Speicher zu nehmen. Man kann dann auch gleich hergehen und die maximale Leistung des Verbrenners kleiner auslegen, denn bei Bedarf kann ja zusätzliche Leistung aus der Batterie eingesetzt werden. Man spart also gleich dreimal:

  • kleinere Motoren verbrauchen weniger Benzin
  • kleinere Motoren sind leichter und sparen schon dadurch
  • im Hybridsystem kann der kleine Motor immer nahe des Effizienzoptimums betrieben werden und kann, wenn die Batterie gut gefüllt ist, gar abgeschaltet werden

Voilá, da ist der Spareffekt! Jedenfalls überall dort, wo das Wechselspiel zwischen Laden der Batterie durch Überschussleistung und Entladen durch elektrisches Gleiten oder beim starken Beschleunigen durch Zuschiessen von Power aus der Batterie funktioniert. Auf der Autobahn geht das übrigens nicht. Hier muss auch ein Hybrid seine Leistung ad hoc, in real time, erbringen. Deswegen sparen Hybridautos vor allem bei höheren konstanten Tempi auf der Autobahn nicht mehr. Wer also gern lange Autobahnetappen bei hohem Tempo unter die Räder nimmt, ist mit einem Ölbrenner alter Schule wohl besser bedient (und verpasst etwas, ganz ehrlich).

Das nächste Diagramm zeigt die verschiedenen Betriebszustände eines Hybridantriebs:

  • (A): Der Verbrenner erzeugt mehr Leistung (rote Kurve) als der Fahrer gerade abruft (blaue Kurve). Der Überschuss wandert in die Batterie. Der Verbrenner läuft hier nahe des Effizienzoptimums. Ohne Batterie, also in einem herkömmlichen Auto, würde der Verbrenner im ineffizienten Bereich laufen und nur genau soviel Leistung erzeugen, wie gerade gebraucht wird.
  • (B): Der Fahrer gibt Vollgas. Der Verbrenner wird unterstützt durch den Elektromotor (grüne Kurve). Beide zusammen liefern mehr Leistung, als der bewusst klein gehaltene Verbrenner erzeugen kann.
  • (C): Die Batterie ist ausreichend geladen; Es wird nur wenig Leistung gebraucht (blau). Der Verbrenner macht Pause (rot), und das Fahrzeug wird allein durch den Elektromotor angetrieben (grün).

 

Betriebszustände eines Hybridantriebs (c) Ruth Ziethe
Betriebszustände eines Hybridantriebs (c) Ruth Ziethe

Ein zusätzlicher Spareffekt kann erreicht werden, wenn der Benziner im Atkinson-Zyklus betrieben wird. Dabei bleibt der Einlasstrakt auch noch während des ersten Teils der Kompressionsphase geöffnet. So ergeben sich einerseits Spülverluste (das Gemisch wird zurück in den Einlasstrakt gedrückt) und ein deutlich reduziertes Drehmoment, andererseits wird die zur Kompression benötigte Kraft herabgesetzt, was (Kraft mal Weg = Energie) wiederum Sprit spart. Das „fehlende“ Drehmoment steuert der Elektromotor bei. Solche im Atkinson-Tyklus betriebenen Motoren sind in Fahrzeugen ohne Hybridkomponente nicht geeignet, werden aber gern in  Generatoren eingesetzt, wo es auf runden effizienten Lauf und weniger auf maximales Drehmoment ankommt.

Zusammenfassung

Schauen wir noch mal die Mythen oben an und korrigieren sie bei der Gelegenheit:

  • Elektrisch fahren spart Benzin: Ja aber nur, wenn das System selbst entschieden hat, dass nun Zeit ist, den Verbrenner pausieren zu lassen.
  • Rekuperieren spart Benzin: Nur im Vergleich zu einem Nicht-Hybrid, der gar keine Energie zurück gewinnen kann. Bei einem Hybrid: Definitiv nicht. Rekuperieren hält nur den „Schaden“ klein.
  • Hybride lohnen sich nur im Stadtverkehr: Nein, Hybride lohnen sich überall, wo wechselnde Lastzustände ausgenützt werden können, um die Batterie zwischenzuladen und dann wieder ganz oder teilweise zu leeren. Insbesondere hügelige Landstrassen sind toll mit Hybridantrieb.
  • Hybride heulen erst mal auf, bevor es zäh voran geht: Nein, es geht sofort flott voran. Unser an Schaltvorgänge gewöhntes Hirn spielt uns einen Streich und interpretiert das stabile Drehzahlniveau als Stillstand.

Quintessenz: Hybridautos sind ganz schön clever, sparen Sprit und sind zuverlässig. So, und jetzt los schimpfen in den Kommentaren. Aber bitte immer schön höflich, sachlich bleiben. Troll-freie Zone…